Zuwanderung und Zuwachs in der Zwischenkriegszeit

Wirtschaftskrisen und Kriege sind natürlich kein gutes Umfeld für den Kunsthandel, und so erstaunt es nicht, dass während des Ersten und des Zweiten Weltkrieges in der Schweiz wenig Kunstmarktgeschichte und noch weniger Verbandsgeschichte geschrieben wurde. Mit dem schwierigen, inzwischen aber historisch mustergültig aufgearbeiteten Kapitel der NS-Raubkunst und der entarteten Kunst hatten die ja mehrheitlich auf ältere Kunst ausgerichteten Mitglieder des VSAK höchstens am Rande zu tun.

Eine schwierige, aber für den Schweizer Kunsthandel auch ungeahnt fruchtbare Epoche bildete dann die Zwischenkriegszeit von 1918 bis 1939 mit all ihren Höhen und Tiefen. Zu Letzteren gehören die weltwirtschaftlichen Krisen jener Zeit, die im bereits kriegsgeschwächten Deutschland die bekannten soziologischen und politischen Katastrophen anbahnten. Als hellhörige, wache Geschichtsmenschen erkannten so manche Kunsthändler deren Vorzeichen und übersiedelten bereits in der Zwischenkriegszeit ins Ausland, in die USA beispielsweise und eben auch in die Schweiz. Stellvertretend für alle anderen bedeutenden Kunsthändler, die damals die Schweizer Händlerelite verstärken und zu internationaler Grösse führen sollten, sei hier der legendäre Numismatiker und Archäologe Prof. Dr. Herbert A. Cahn angeführt: Nach 1935 durfte er in Frankfurt nicht mehr studieren, und so siedelten er, sein Bruder Erich und ihre Mutter nach Basel um, wo sie die nachmals weltberühmte Münzen und Medaillen AG gründeten, aus der später die Firma H. A. C. Kunst der Antike hervorging. Dass sich sein Sohn Jean-David Cahn, der diese Antikenhandlung in vierter Generation weiterführt, und seine Frau, die Anwältin Antje Gaiser, zugleich mit beispielhaftem Einsatz für den VSAK engagieren, belegt die vorbehaltlose Integration der Zuzügler aus jener Zeit in das Kunstmarktgefüge der Schweiz.

Auf das Ende jener Zwischenkriegszeit fällt aber auch eine einheimische Schweizer Kunsthandelsgründung, nämlich jene eines zunächst eher unscheinbaren Antiquariates in Thun am 1. April 1938 durch den erst 24-jährigen Berner Kunstliebhaber Jürg Stuker. Nach dessen Übersiedelung nach Bern in den 1940er-Jahren erwuchs daraus in der Nachkriegszeit mit dem Auktionshaus Galerie Stuker eines der bekanntesten neuen Kunstmarktunternehmen des Landes.