Deregulation und Demontage
Ungeachtet der wirtschaftlichen Blüte des Kunstmarktes konnten sich allerdings auch das Auktionswesen und der Kunsthandel in der Schweiz und mit ihm natürlich der VSAK dem Werte- und Verhaltenswandel in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht entziehen. Dies gilt insbesondere für den um 1968 einsetzenden, anfangs schleichenden, dann immer schneller galoppierenden weltweiten Trend zur Deregulierung und Deinstitutionalisierung, der die Stellung der Verbände am internationalen Kunstmarkt immer weiter schwächte. Noch vor wenigen Jahren schliesslich schienen die Demontage und die Entmachtung der nationalen und internationalen Verbände im Kunstmarkt beschlossene Sache und unaufhaltsam. Dass etwa die weltweit wichtigsten Messen für alte und für neue Kunst, die Maastrichter TEFAF und die Art Basel, heute verbandsunabhängig organisiert sind, ist nur eines von vielen Kennzeichen dieser Entwicklung. Das multinationale Auktionswesen verzichtete gar von Anfang an weitgehend auf eine Verbandsorganisation. Selbst die Gruppe der International Auctioneers (IA) bildet nur auf den ersten Blick eine Ausnahme hiervon. In Wirklichkeit ist dieser lose Zusammenschluss aber als weitgehend geschlossene Aktiengesellschaft organisiert und nicht als offener Verband oder Verein.
Zu den frühen Folgen dieser Deregulierung des Kunstmarktes gehört das Auftreten einer ganzen Lawine neuer Kunst- und Antiquitätenmessen unterschiedlichster Prägung und Qualität. Als sich dazu auch noch unüberwindbare wirtschaftliche Sachzwänge aufseiten der zuständigen Messeorganisationen in Basel und später in Zürich gesellten, mussten die KAM AG und der VSAK zu Beginn des neuen Jahrtausends die Notbremse ziehen und die eigene Schweizerische Kunst- und Antiquitätenmesse KAM nach über vierzig Jahren auf Eis legen: Ihre Weiterführung auf dem bisherigen qualitativen Weltspitzenniveau wäre schlicht zu teuer geworden – und Kompromisse bei der Qualität von Ausstellungsgut und Ausstellern kamen selbstverständlich schon gar nicht infrage. Im Rückblick hat diese Entwicklung sogar einen positiven Aspekt in Gestalt einer Aufwertung der Verbandsmitgliedschaft. Zu KAM-Zeiten wurde die Mitgliedschaft im Verband Schweizer Antiquare und Kunsthändler von vielen Händlern praktisch nur noch als Zulassung zu dieser Elitemesse angestrebt, während die ursprünglichen Ziele und Aktivitäten dieser Standesorganisation in den Hintergrund traten und fast vollständig dem seinerzeit überlasteten Verbandsvorstand überlassen wurden. Seit der Einstellung der verbandseigenen Messe KAM hat sich dies jedoch wieder zum Guten gewandelt, und seit den 1990er-Jahren traten die ursprünglichen Verbandsziele wieder in den Vordergrund. Aus heutiger Sicht erhält jener Aufruf zur «Rückbesinnung auf die Funktion des Verbandes und zur vermehrten Teilnahme an den geschäftlichen wie den geselligen Verbandsanlässen – ja, auch diese gehören zu einem aktiven Verbandsleben!» –, den Verbandspräsident André Kurmann vor 25 Jahren in seiner Festansprache zum 75-jährigen Verbandsjubiläum an die versammelten Mitglieder richtete, sogar geradezu prophetische Bedeutung.
Und diese Rückbesinnung auf die ursprünglichen Verbandsziele als einer gemeinsamen Standesorganisation, welche die Interessen ihrer Mitglieder nach aussen hin vertritt – und gegebenenfalls auch gegen Gefahren und Angriffe von aussen verteidigt – kam genau zur rechten Zeit.