Ausblick

Natürlich haben sich mit dem Kunstmarktumfeld auch die Verbandsaufgaben gewandelt: Hatte der VSAK beispielsweise in der Zwischenkriegszeit bei der Integration der zahlreichen aus dem Ausland in die Schweiz gekommenen Kunsthändler wertvolle Hilfe geleistet, so wird er ein langes Menschenleben später in ganz anderer Richtung gefordert. Heute geht es vielmehr um die behutsame, aber wachsame und glaubwürdige Abgrenzung des von ihm vertretenen Qualitätshandels gegenüber einer wuchernden Billigkonkurrenz durch Trödlermessen, Sammlerbörsen und ähnliche modische Veranstaltungen, die durch Internetportale und Onlineauktionen noch verschärft wird. Behutsam muss diese Abgrenzung deshalb sein, weil ja auch diese Veranstaltungen ihre Marktberechtigung haben, indem sie so manchen künftigen Kunden für den Reiz von Antiquitäten sensibilisieren. Wachsamkeit dagegen braucht es, um dergestalt sensibilisierte Flohmarktgänger rechtzeitig an die gute Ware heranzuführen. 

In einer Zeit, in der immer mehr aktuelle Information immer weniger Raum für Geschichte und Geschichtsbewusstsein lässt, erwachsen dem Verbandskunsthandel über solche Markthygiene hinaus noch weitere, zum Teil neue Herausforderungen. Von geradezu überlebensentscheidender Bedeutung für den Handel mit alter Kunst und Antiquitäten ist dabei die kunstdidaktische Aufgabe, neue Sammlergenerationen an die jeweiligen Sammelgebiete heranzuführen, ihr Interesse, ihr Verständnis und ihren Qualitätssinn zu wecken. Und vermutlich wird sich der Verband in Zukunft auch vermehrt um die dafür zwingend erforderliche Aus- und Fortbildung seiner eigenen Mitglieder kümmern müssen. Im Vordergrund solcher Schulungsanstrengungen des Verbandes stehen dabei weniger die individuellen, fachgebietsspezifischen Sachkenntnisse der einzelnen Händler und Spezialisten als vielmehr grundlegende Kompetenzen in Bereichen wie Öffentlichkeitsarbeit und Internetauftritt sowie im Umgang mit neuen Vorschriften und Gesetzen.

Eng damit verknüpft ist als weitere zentrale Verbandsaufgabe der Zukunft der umfassende Komplex all jener Aktivitäten, die man unter dem Begriff «Öffentlichkeitsarbeit» zusammenfasst. In einer Zeit zunehmender staatlicher Eingriffe, Bevormundungen und Regulierungsmassnahmen gilt es insbesondere, die Öffentlichkeit an die kulturpflegerische, ja mäzenatische Rolle des verantwortungsvollen, engagierten Kunsthandels zu erinnern. Die unglückliche, aber verbreitete Darstellung des Kunsthandels als blossen «Investmentgeschäfts» mit spekulativen Gewinnerwartungen unterschlägt nämlich, welch unersetzliche Rolle die seriösen Kunst- und Antiquitätenhändler als Partner der ernsthaften Sammler von Kunstwerken und Antiquitäten für die Erhaltung, Pflege und Überlieferung unschätzbaren – und leider allzu oft gefährdeten – Kulturgutes spielen.

Schliesslich gilt es, die Wiederbelebung und Stärkung des eigentlichen Verbandsgedankens im Kunsthandel fortzusetzen und zu verankern, ist dieser doch eng mit dem künftigen Gedeihen des einheimischen Kunsthandels verbunden. Gerade in einem Land wie der Schweiz, in dem ein so grosser Teil des politischen und wirtschaftlichen Lebens über private Vereine, Verbände und ähnliche Interessengemeinschaften läuft, ist der VSAK unentbehrlich für eine konstruktive, interessenwahrende Diskussion politischer und gesetzgeberischer Rahmenbedingungen des nationalen Kunsthandels.

Dass das vermeintlich überlebte Verbandswesen im Kunsthandel in den letzten Jahren durch den Kampf gegen ein kunstmarktfeindliches und für ein kunstmarktgerechtes Kulturgütertransfergesetz (KGTG) unverhofft wieder ins Rampenlicht gerückt wurde, ist eine willkommene Nebenfolge dieses Kampfes, die es fortan klug zu nützen gilt. Die Renaissance eines verbandsmässig organisierten Kunsthandels als einer verlässlichen Elite im längst unübeschaubaren Kunstmarktzirkus kommt nämlich allen zugute, nicht nur den Kunsthändlern und den Auktionatoren, sondern auch ihren kunstverpflichteten, Kunst kaufenden Partnern, Museen und Institutionen ebenso wie privaten Kunstfreunden und Sammlern. Dieser konsumentenschützerische Aspekt hilft zudem, den Verbandsgedanken im Kunsthandel auch in jenen Kreisen zu propagieren. Zu Zeiten unüberschaubarer Messen, anonymer Auktionsware und eines gesichtslosen Internethandels kann sich ein solcher nationaler Verband nämlich als unschätzbarer Ansprechpartner gerade für private Sammler und Kunstkäufer erweisen. Jene lückenlose Aufsicht, die früher auf den grossen Verbandsmessen mit scharfem Auge und wohlwollender Strenge über die Qualität des Angebotes wachte, ist heute zwar kaum mehr durchsetzbar. Die ausweisbare Zugehörigkeit zu einer angesehenen Standesorganisation wie dem VSAK kann aber auch und gerade bei Onlinegeschäften und auf Messen usw. eine Art Gütesiegel darstellen, die den Kunden Sicherheit verleiht. Seit auch die Käufer von Kunstgegenständen zunehmend häufiger in die Sorgfaltspflicht genommen werden, kann ein solches Gütesiegel im juristischen Ernstfall sogar fallentscheidend sein.